Bieler Lauftage: 100-km-Lauf am 10.+11.06.2022

Sa, 11.06.2022 / Heiner Jatho (Marathon)

Heiner Jatho und Sven Grebe absolvierten nach intensiver, monatelanger Vorbereitung ihre bisher härteste läuferische Herausforderung, den 100-km-Lauf, der während der Bieler Lauftage ausgetragen wurde. Mit dem Erfolg, diesen Nachtlauf ohne Schwierigkeiten bewältig zu haben, kehrten sie müde, aber voller Glückseligkeit aus der Schweiz zurück.

Heiner schrieb einen beeindruckenden Bericht, der im folgenden wiedergegeben wird:

 

 

Biel „die Nacht der Nächte“

Uff Geschafft!!!

Nach 12 sehr intensiven Trainingswochen und unzähligen Laufkilometern, Verzicht auf Alkohol und zuckerreiche Lebensmittel sollte es nun endlich soweit sein. Mein erster 100km Ultralauf!

Gemäß dem Läufermotto „einmal im Leben musst Du nach Biel“* folgte ich diesem Aufruf und wollte den Spirit und Kult, welcher mit diesem Lauf verbunden ist, nun auch selbst erleben.

Am Donnerstag reiste ich bereits von der Mailänder Messe bei Monsum-artigen Regengüssen nach Biel an, um meine Startunterlagen schon mal abzuholen und die Stimmung in der Stadt aufzusaugen.

Meine Vorstellung, dass die internationale Ultralaufszene sich hier im Laufmekka versammelt, wurde allerdings bereits beim Einfahren in die Stadt etwas getrübt. Kein einziger Banner, kein Läufer und überhaupt kein Hinweis auf die bevorstehende Veranstaltung. Und dass keine 30 Stunden vor meinem bedeutendesten Lauferlebnis.

Die Startunterlagen sollten im großen Tissot-Stadion abgeholt werden. Auch hier keine Anzeichen auf das morgige große Laufevent.

Nach 10 minütiger Suche habe ich dann endlich den Infopoint vom Veranstalter gefunden.

Auch dieser Empfang war äußerst minimalistisch und vollkommen anders als erwartet. Statt einer imposanten Läufermesse mit professionellen Countern und vielen Ständen, gab es lediglich einen spärlichen Bereich, welcher eher an ein kleine regionale Laufveranstaltung erinnert.

Das also sollte nun Biel sein. Die Stadt der Ultraläufer, das Megaevent auf welches ich so lange hingefiebert habe. Etwas Enttäuschung machte sich nun etwas breit.

Das Highlight des Tages war die Begegnung meines Laufidols Hubert Beck.

Der ultimative Marathon und Ultraläufer, der Trainer und Motivator, der Buchautor und Veranstalter der Taubertaler-Biel-Challenge. Der Mensch, welche für mich in der Vergangenheit einige Trainingspläne erstellt hatte. Da war er nun leibhaftig, mein „Guru“ ! Seine Bücher habe ich verschlungen und sie wurden im Laufe der letzten 12 Jahre zu meiner persönlichen Laufbibel und haben mir viel Kraft sowie Motivation für meine Projekte gegeben.

Mit einem Umschlag in welcher meine Startnummer sein sollte, wurde ich also nun vom Infopoint von einer netten Dame verabschiedet. Nebenan diskutierte ein Läufer, warum er kein Startbeutel bekäme. Naja, die Schweizer scheinen etwas puristischer unterwegs zu sein.

Nun ging es zurück zu unserem schönen Stadtapartment, welches meine Liebste und ich für die Zeit in Biel über Airbnb gemietet hatten. Das Wetter wird auch allmählich besser und die Stimmung war gut. In der wunderschönen historischen Altstadt wurden Bühnen aufgebaut. Bestimmt für die Bieler Lauftage. Doch ich sollte mich irren, denn es gab ein Jazzfestival an dem Wochenende in der Stadt. Seltsam!!

Am Freitag wurde erstmal ausgiebig ausgeschlafen und sich mental auf die bevorstehenden Strapazen eingestellt. Am Nachmittag kamen dann auch Sven mit Angela in Biel an. Zeit für eine gemeinsame Henkersmahlzeit gab es leider nicht mehr, so dass wir dann alle zusammen um 21 Uhr uns mit den Öffis auf den Weg zur Arena machten. Jetzt stieg die Aufregung. Im Bus fast nur Läufer. Am Stadion pulsierte nun auch endlich der Charme einer Großveranstaltung. Musik, Stadionsprecher und unzählige Runner. Viele Läufer machten noch ein Powernapp oder ruhten sich aus. Die Stimmung war sehr gut.

Kurz vor dem Start trafen wir dann noch einen bekannten Kasseler Ultra Läufer vom PVC. Ferenc Zsoldos. Es blieb noch ein bisschen Zeit für einen wenig Smalltalk.

Dann ging es endlich los: In der Stadt der Schweizer Luxusuhren wurde selbstverständlich pünktlich auf die Sekunde um 22 Uhr das Rennen gestartet.

Mit tobenden Applaus und mitreisender Musik ging es nun auf die 100km - Strecke.

Wie immer läuft man durch das einschießende Adrenalin viel zu schnell los. 5:15min/km viel zu flott. Sven und ich mussten uns permanent gegenseitig bremsen. Geplant war eine 6er Pace.

Die Strecke führte zunächst durch die Stadt und im Anschluss weiter durch kleine und größere sehr gepflegte Ortschaften, wo die Bewohner anläßlich des Rennes ihre Vorgärten und Häuser besonders schön in der Nacht illuminiert haben.

Die Einheimischen organisierten sogar kleine Dorffeste , wo sie uns Läufern ordentlich einheizten. Insbesondere in den Dörfern, wo die Staffelwechselpunkte sich befanden, war auch zu später oder früher Stunde noch heftig „Halli-Galli“ was bei uns Ultras natürlich die Stimmung hebte.

Allerdings empfand ich die „frischen“ Staffelläufer auf unserer gemeinsamen Laufstrecke als etwas nervig, wenn diese in einem Affenzahn an uns vorbei rasten.

Es gab in der tiefen Nacht aber auch surreale Momente, als Sven und ich einsam und alleine im stockefinsternen Waldstücken liefen. Vor uns und hinter uns keine Menschenseele. Da fragt man sich schon, welcher Hirsch hat uns eigentlich geritten, dass wir 500km in die Schweiz fahren, um Nachts mutterseelenalleine in verlassenen Gegenden rumzulaufen. Und dafür zahlt man noch kräftig Startgebühr. Verrückt!!!

Doch für die Startgebühr erhält der Läufer aber ein toporganisiertes Event. Eine perfekt abgesperrte und sehr gut beschilderten Strecke wo Lotsen die ganze Nacht stehen und dafür sorgen, dass kein Läufer falsch abbiegt. Alle 5 km befindet sich eine gut ausgestattete Verpflegungsstation, wo es von heißer Brühe, Cola, Wasser, Iso und Bananen, Orangen, Salzstangen sowie jegliche Arten Gels von der Marke Powerbar gab.

Inzwischen zog in den Anhöhen ein feuchter Nebel auf und es wurde tatsächlich recht frisch (ca. 9-11 grad), sodass die dünne Jacke im Laufrucksack sich als eine gute Idee erwies.

Um 3:15 Uhr erreichten wir dann die 50km Markierung und die Hälfte war nun geschafft, was zur Steigung der Stimmung guttat.

Nachdem nun langsam die aufgehende Sonne gegen 4:30 Uhr die wunderschöne Bergsilhouette am Horizont zeichnete und in den Dörfern die Hähne krähten, bekam ich meine zweite Luft und die Motivation stieg von Minute zu Minute, von Stunde zu Stunde.

Kaum zu Glauben, dass zu so früher Morgenstunde Menschen aufstehen um die verrückten Läufer, welche durch ihr Dorf traben, anzufeuern.

Gegen 8 Uhr passierten wir dann die 90 km Distanz und liefen über die historische alte wunderschöne Holzbrücke in Bühren an der Aare. Die Sonne strahlte und es wurde nun allmählich sehr warm.

Als der letzte Verpflegungspunkt und das 99km-Schild endlich endlich erobert war, beflügelte mich ein unbeschreibliches Glücksgefühl.

Nachdem der Stadionsprecher beim Zieleinlauf unsere Namen aufrief, wir auf der Anzeigetafel erschienen und unsere Mädels uns im Ziel lautstark und jubelnd begrüßten, wusste ich, dass sich die harte Vorbereitungszeit gelohnt hatte!!!

Mit einer Zeit von 10:56 lief ich also glücklich und zufrieden meinen ersten 100km-Ultralauf.

Was ein toller emotionaler Moment!!!

Am Abend feierten Sven, Ferenc, unsere Frauen und natürlich ich auf unserer schönen Dachterrasse über den Dächern von Biel bei herrlichsten Temperaturen und einem tollen Sonnenuntergang unseren Erfolg! Besonderes amüsant für die Ladys und besonders schmerzhaft für uns Jungs war die Tatsache, dass unsere Dachterrasse sich im 6. Stock (ohne Fahrstuhl) befand….

Abschließend möchte ich mich bei meinen Töchtern, meiner Liebsten, meinen Mitarbeiter*innen und allen die mich bei dem Projekt unterstützt haben, ganz herzlich bedanken.

#ksvbaunatalmarathon

#twopeaksendurance

#ksvbaunatal

#bielerlauftage

#bielerlauftage2022

#100kmchallenge

#hubertbeck

 

Ergebnisse (353 Ergebnisse Herren / Ergebnisse 72 Frauen):

Sven Grebe

10:56:49,9 Std.

16. M50

67. M

Heiner Jatho

10:56:53,6 Std.

16. M45

68. M

 



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